Moscheen-Architektur in Linz

Innenansicht Südost

Auf Arabisch heißt Moschee "Madschid", was "Ort der Niederwerfung" bedeutet. Meist sind Moscheen weit mehr als nur Gebetshäuser: Eine Ausstellung des Architekturforum Oberösterreich in Linz gibt jetzt einen Überblick über die Geschichte der Moscheen-Architektur, präsentiert künstlerische Arbeiten zum Thema der kulturellen Transformation und geht der Frage nach wie sichtbar der Islam in Linz ist.

Moscheen werden in Österreich akzeptiert, solange sie nicht so aussehen wie Moscheen – dieser zugespitzt formulierten Haltung will die Ausstellung " Innenansicht Südost - Erkundungen islamischer Glaubensräume" durch Aufklärung entgegenwirken.

In Linz wird derzeit die erste Moschee gebaut. Auftraggeber ist der Verein der Bosnier in Linz, und Standort ist eine prominente Kreuzung im Stadtteil Neue Welt. Entworfen wird die Moschee, die im Herbst eröffnet werden soll, von einem bosnischen Architekten, dem an der Offenheit des Bauwerks lag. Das erzählen die Architekten Margit Greinöcker und Gunar Wilhelm:

"Es gibt Glasfronten. Normalerweise sind die Räume geschlossen, es sind Ätzungen auf den Gläsern. Es ist ein deutliches Zeichen. Ein Minarett war nicht möglich, das ist in der Diskussion mit der Stadt bald definiert worden."

Eine andere Welt

Gunar Wilhelm und Margit Greinöcker haben mit Anderen eine Erhebung islamischer Gebetsräume in Linz durchgeführt. Oft sind die Kulturvereine unterschiedlicher Migrantengruppen in Hinterhöfen versteckt oder in Gebäuden untergebracht, deren Äußeres keinen Hinweis auf die Benutzung gibt.

"Man geht durch die Straßen, man wohnt da und denkt sich, man kennt schon alles. Nur eine Türe aufmachen und man ist in einer völlig anderen Welt. Das ist echt super", sagt Margit Greinöcker. Der Kulturverein der Pakistanis in Linz etwa sei zuvor noch kein einziges Mal von wem Außenstehenden besucht worden - dabei wäre mehr Neugierde seitens der Stadtöffentlichkeit durchaus willkommen, so Gunar Wilhelm: "Das ist eigentlich dezidiert gekommen, dass sie das nicht wünschen, die Unsichtbarkeit. Die Öffnung würde an ihnen nicht scheitern. Tage der offenen Tür, die gibt es schon."

Ein Raum im Raum

Ergebnisse der Recherche wurden für die Ausstellung "Innenansicht Südost" als Installation aufbereitet. Ein nach oben offener Kubus kann über eine Eingangsschleuse betreten werden. Innen ist der Raum mit Teppichen - Leihgaben der Kulturvereine - ausgelegt. Man ist aufgefordert, sich die Schuhe auszuziehen, ebenso wie das in Moscheen gemacht wird.

"Das Objekt zeigt die Linzer Gebetsräume, neun an der Zahl", so Gunar Wilhelm. "Das ist ein Raum im Raum, außen von außen, die Daten, wie viele Mitglieder es gibt. Auf den Innenwänden sieht man die Innenansichten."

In die Wände des Raumes sind Loch-Muster gestanzt, die islamischen, floralen Dekor mit Ebenseer Kreuzstichmustern überlagern. In ihren Strukturen sind die heimischen, wie die islamischen Muster ganz ähnlich.

Verbindung mit heimischen Elementen

Kuratiert wurde die Ausstellung von Azra Aksamija. In Bosnien geboren, emigrierte sie 1992 nach Graz, studierte Architektur und unterrichtet derzeit islamische Architekturgeschichte am MIT in Boston. Minarett und Kuppel werden in Europa oft für architektonische Kennzeichen einer Moschee gehalten, doch das ist ein beschränktes Bild, das sich in den letzten zwei Jahrhunderten durchgesetzt hat und den Formenreichtum islamische Architektur verkennt.

"Das sehen Sie in der Ausstellung mit den Postkarten", sagt Azra Aksamija. "Wie sich diese Formenvielfalt auch entwickelt hat. Es fängt an mit den Säulenhallen - das ist die älteste Form der Moschee. Diese Form hat sich in den ersten Ländern am meisten etabliert. Auch in Spanien."

Eine Weiterentwicklung der Architektur ist - im Rückblick auf die Jahrhunderte - immer dann eingetreten, wenn vorhandenes Wissen und heimische Bauelemente eingebunden wurden. "Da sind immer wunderschöne Sachen entstanden", meint Azra Aksamija. Sie findet, dass ein Kulturaustausch sehr wohl eine gegenseitige Bereicherung sein könne.

Die Dirndlmoschee

Aksamija ist auch selbst Künstlerin. In der Ausstellung zeigt sie ihre "Dirndlmoschee". Das ist ein traditionelles Dirndl, dessen Schürze man zu einem Gebetsteppich für mehrere Personen ausbreiten kann. Der menschliche Körper gilt im Islam als der minimalste sakrale Raum. Die "Dirndlmoschee" spielt auch auf die Transformation kultureller Identitäten in Zeiten wachsender Mobilität an, denn sie ermöglicht jeden Ort für die Dauer eines Gebetes zu einer Moschee zu machen.

Wir hätten alle viele Identitäten, so Aksamija, nicht nur religiöse, und sie seien nicht scharf abgrenzbar, sondern können ineinander übergehen. Ein Beispiel: Es ist kein Widerspruch, sich als Österreicherin und als Muslimin zugleich zu verstehen. Diese Durchlässigkeit sollte man Menschen ebenso wie der Architektur zugestehen.