beteiligungsprozess:architekturwettbewerb
SymposiumWIDERSPRÜCHE IN, MIT UND UM EUROPA
Persönlich wie als Gemeinschaften begleiten uns täglich viele widersprüchliche Phänomene: Europas Städte und Ballungszentren wachsen, viele ländliche Regionen hingegen kämpfen mit wirtschaftlicher und kultureller Ausdünnung; die Vielfalt der Kulturen und Werte in der Bevölkerung steigt, andererseits erleben wir Tendenzen von Ghettobildung bzw. Entmischung; sämtliche Lebensbereiche sind von Digitalisierung durchdrungen, doch benötigt die Entwicklung unseres Gehirns sinnliche Erfahrung; wir sind beinahe besessen vom Fortschrittsglauben, und erleben uns mehr und mehr im rasenden Stillstand; unsere Individualität ist uns allen uneingeschränkt wichtig, allerdings gelingt nicht jeder·m ein authentisches eigenständiges Leben.
WIDERSPRÜCHE IN, MIT UND UM SCHULRAUM
Im Umgang mit Schule und Schulraum sehen wir ebenfalls widersprüchliche Phänomene: Agenden der Erziehung sind nach wie vor nicht erste Intention von Schule, wachsen aber kontinuierlich in Schule hinein, dies im Hinblick auf zeitliche Phänomene (Ganztag) wie auch örtliche Kontexte (Stadtteilschule). Schulstandorte galten lange als „selbstverständlich“, mittlerweile geraten sie in einen gewollten wie ungewollten Wettbewerb, dies in Sorge um höhere schulische Leistung und/oder andere pädagogische Haltung (Privatschulen) wie auch aus sozialräumlichen Motiven (Brennpunktschulen). Auch die Streuung von Schulen war lange nicht Gegenstand von Wettbewerb, doch werden kleine Schulen und/oder Schulen am Land reflexhaft wie sukzessive geschlossen bzw. zusammengelegt, meist eben aus Gründen auch ökonomischer Schulerhaltung (Bildungszentren) bzw. auch ökonomischer Schulorganisation (Schulcluster). Schulbau will nach wie vor gut überlegt sein, doch „müssen“ Europas Städte wie rasend bauen, dies in klug ökonomischen Gesamtpaketen (Campusprogramme) und möglichst kontrollierbar normiert (Schulhausrezepte). Schulbauverfahren sollten als Akt der hoheitlichen Verwaltung einfacher ablaufen, doch erleben Agierende hier einen Anstieg an Schwierigkeiten, weil mehr und mehr Ansprüche berücksichtigt sein wollen (Interessensvielfalt) oder weil wir Verantwortung in immer genauere Regeln und Regulierungen auslagern (Normendichte).
WANDLUNGEN
Widersprüche können wir als Problem oder als Chance verstehen. Widersprüche können Ergebnis wie auch Grundlage unseres Handelns sein. Partizipation wird beispielsweise widersprüchlich erlebt. Für die einen sind Beteiligungsprozesse eine Lösung, für andere eine weitere Komplizierung im Verfahren eines Architekturwettbewerbs. Es folgt ein zähes Ringen. Wenn wir Widersprüche als gegeben akzeptieren und sie als Entwicklungschance begreifen, können wir verändert hinblicken. Dazu werden die beiden zu Schulraumentwicklung forschenden Professor·innen Michael Zinner (A) und Beate Weyland (I) ihre Gedanken vertiefen. Sie blicken auf Motive und Qualitäten von Kooperation und Konkurrenz hin und „zurück“. Und sie stellen eine Gretchen-Frage aus der Zukunft: Werden sich unsere heutigen „Verfahren der Schulraumproduktion“ in „Prozesse der Schulraumentwicklung“ gewandelt haben?