HAUS-GEMACHT
Architekturfilmreihe 03:Architektur aus Österreich
Filmvorführung14. | 15. | 16. Oktober 2003, jeweils 19.30 Uhr
mit Einführungen von Helmut Weihsmann
Für das Zustandekommen der Vorführungen danken wir:
Andreas Gruber, Wolfgang Lesowsky, W. M. Pühringer, Marc Ries, Dieter Auracher, Michael Hofstätter,
Heinz Augner (ORF), WDR und Klett-Cotta Verlag.
Dienstag, 14. Oktober 2003 | 19.30 Uhr
Alte und neue Baumeister
Der Architekt Mauritz Balzarek
Regie: Andreas Gruber. Österreich. 1991. 30 min. Farbe.
Dieses kleine aber feine Feature vom ORF-Landesstudio Oberösterreich für die Sendung „Österreichbild am Samstag„ produziert, gibt sachlich Auskunft über Leben und Werk von Mauritz Balzarek (1872-1945), dem bedeutendsten Otto-Wagner-Schüler in Linz. Der international bekannte Filmautor Andreas Gruber (Hasenjagd) hat sich mit seinem Kameramann Karl Kremsmüller und dem fachkundigen Begleiter Friedrich Achleitner auf örtliche Spurensuche begeben. Als typischer Vertreter der Wiener Secession und des süddeutschen „Heimatschutzes„ hatte Mauritz Balzarek, der gebürtige Trynauer, einerseits als Lehrer an der Bundeslehranstalt für Hochbau, andererseits als geschmeidiger und anpassungsfähiger Baukünstler mehr als dreißig Jahre lang in Linz und Oberösterreich außerordentlich starken Einfluss auf das regionale Baugeschehen bis zum Zweiten Weltkrieg gehabt. Balzarek veranschaulicht am eigenen Werk ein Stück wechselvoller Archi-tekturgeschichte des Landes. Das Filmporträt dokumentiert seine über sechzig im Lande geschaffenen Bauwerke mit äußerster Akribie, aber einer etwas unkritischen Haltung gegenüber den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Umständen zur Zeit ihrer Entstehung. Larmoyant wird über die Vernachlässigung und Zerstörung vieler Schlüsselbauten seines Oeuvres berichtet, sodass nur Entwurfszeichnungen und alte Photos an ihre ursprüngliche Gestalt erinnern.
Hans Hollein
Regie: Michael Blackwood. USA. 1986. 50 min. Farbe.
Ein eitler Architekturpapst schrieb einmal treffend über den Wiener Weltstar Hans Hollein (*1934): „Vielleicht konnte nur ein Wiener diese Mischung von Handel und Sinnlichkeit zustande bringen.„ (Charles Jencks). Hollein ist zweifellos ein großer Poet und Meister des raffinierten Designs und des erlesenen Party-Geschmacks, denn er gehört zum Aushängeschild der österreichischen Gegenwartsarchitektur. Er ist zu Lebzeiten bereits eine Ikone und Legende oder Karikatur seiner selbst geworden, obwohl er in Österreich noch bis vor kurzem relativ wenig gebaut hatte und dann plötzlich von Politik und Wirtschaft überbeschäftigt wurde. Als Architekt und Designer ist er nicht nur kreativ und innovativ, sondern durchaus sinnlich und provokativ sowie modebewusst. „Alles ist Architektur„ proklamierte er einst und seine ersten (utopischen) Entwürfe, die er zusammen mit dem Künstler Walter Pichler erstellt hatte, versinnbildlichen quasi „Urbilder„ vom Bauen, die den Rahmen der herkömmlichen Wahrnehmung von Raum sprengen. Diese symbolträchtigen und gleichnishaften Bilder sind Synonyme für Holleins spätere bühnenhaften Realisationen. Nach frühen Arbeiten, wie dem Kerzengeschäft Retti (1967) und die Juweliergeschäfte Schullin (1980) in Wien, feierte Hollein seinen internationalen Durchbruch mit einem originellen Beitrag zur Ausstellung „Strada novissima„ an der Architektur-Biennale (1980) in Venedig. Hollein war vor allem als Ausstellungs- und Innen-raumgestalter tätig, wo er einige gut inszenierte Mega-Ausstellungen verwirklicht hatte. International geschätzt wurde er spätestens durch den wegweisenden Museumsbau (1982) am Abteiberg in Mönchengladbach.
Mittwoch, 15. Oktober 2003 | 19.30 Uhr
Querdenker
COOP-Himmelb[l]au - Construire Le Ciel
Regie: Marc Ries & Bruno Pisek. Österreich. 1993. 13 min. Farbe.
Die programmatischen wie auch radikal-utopischen Thesen der beiden Parade-„De-Konstruktivisten„ Wolf D. Prix (*1942) und Helmut Swiczinsky (*1944), werden anlässlich ihrer Werkschau im renommierten Centre Georges Pompidou (Paris) exemplifiziert. Das anspruchsvolle Architekturessay konfrontiert im ersten Teil – le ciel (der Himmel) – drei ihrer Thesen zur „Überwindung der Zukunft der Architektur„ mit Bildern einer Skulptur (object), die im Kontext der Werkschau „Construire le ciel„ zu sehen war. Im zweiten Teil wird ein polemischer Exkurs in die Stadt – la cité (die Stadt) – den „zugebauten Himmel„ unternommen. Der dritte Teil – construire (das Entwerfen) – thematisiert und vermittelt wiederum drei ihrer Hauptthesen entlang eines programmatischen Leitmotivs einer „offenen Architektur„ sowohl im Werk als auch in ihrer enthobenen Weltanschauung.
Pauhof – Architektur ist nicht Kunst
Regie: Dieter Auracher & Manfred Veigl. Österreich. 1996. 14 min. SW.
Das sympathisch, pointierte Filmessay zweier einheimischer Kunststudenten stellt einige (unrealisierte) Projekte der dynamisch-progressiven Arbeitsgemeinschaft von Michael Hofstätter (*1953) und Wolfgang Pauzenberger (*1955) vor, u.a. die Verbauungsstudie von Wien Nord (1991), Umbau der Linzer Tuchfabrik, den EXPO-Pavillon (1992) von Sevilla, ihren Entwurf für das Österreichische Kulturforum (1989) in Manhattan und das realisierte Haus in Gramastetten. Nebst Statements („Architektur ist nicht unbedingt Kunst„) der beiden Architekten, kommen einige Experten und Künstlerfreunde der beiden zu Wort.
Zünd Up - Das Röhren des Jahrhunderts
Regie: Ulrike Schmitzer & Matthias Widter. Österreich. 2002. 45 min. Farbe.
Die legendäre Architektengruppe im Umfeld des Wiener Aktionismus gilt als einer der Hauptprotagonisten der Wiener Kunstszene in den muffigen 60er Jahren unter ÖVP-Bundeskanzler Klaus. Sie waren übrigens die ersten Architekten, die als Kollektiv nach dem Vorbild der Rock-Bands auftraten. Die provokanten Aktionen waren in den Grenzbereichen der Architektur und Medien-kunst anzusiedeln, wobei ihre Ideen, utopischen Entwürfe und Happenings stets die Suche nach radikal alternativen Lebenskonzepten einer globalen Gegenkultur widerspiegeln. Zugleich polemisierte man lautstark gegen die gesellschaftlichen und baulichen Zwänge der Zeit oder empörte sich über die Auswüchse des technischen Fortschrittes indem die „Viererbande„ um Timo Huber, Bertram Mayer, W. M. Pühringer und dem in-zwischen verstorbenen Hermann Simböck ironisch mit dem Fetisch Auto und Sex spielte. Mit Johann Jascha fand die spätere Gruppe SALZ DER ERDE schließlich einen Performance-Künstler, der ebenso persönlichen und unverwechselbaren Protest gegen die Wohnkultur des Spät-Kapitalismus formulierte. Der Film dokumentiert das Schaffen der Experimentalgruppe anhand von Archivmaterial, Entwürfen, Statements und Erinnerungen der Protagonisten und die Einschätzung der Architekturkritiker Günther Feuerstein und Jan Tabor.
Donnerstag, 16. Oktober 2003 | 19.30 Uhr
Die Wiener Schule
Sechs Architekten vom Schillerplatz
Regie: Wolfgang Lesowsky. Österreich. 1977. 50 min. Farbe.
Diese frühe ORF-Reportage von der gleichnamigen Ausstellung der Wiener Akademie der bildenden Künste über sechs prominente wie auch exemplarische Vertreter der pluralistischen „zweiten„ Holzmeister-Schule nach dem Zweiten Weltkrieg hinterfragt nicht unbedingt die Bedeutung einer „Schule„ in Bezug auf ihre Lehre, sondern verweist auf den Einfluss der jeweiligen Schüler und die regionalen Lokalspezifika, die die einheimische Baukultur der Nachkriegszeit so stark geprägt hatten. Wenn man die sechs launischen „Baukünstler„ Johannes Spalt, Johann-Georg Gsteu, Josef Lackner, Gustav Peichl, Hans Hollein und Wilhelm Holzbauer streng genommen nicht als repräsentativ für die Ideen und Inhalte einer eher konservativen Holzmeister-Schule pauschal beurteilen darf, so steht ihre jeweils eigenständige Arbeit auf den Fundamenten ihres Lehrers, künstlerischen Vorbilds und geistigen Führers. Man sollte nicht vergessen, daß jener berühmt gewordene „irritierende Kompromiss der Wiener Schule„ (Leonardo Benevolo) zwischen Klassizismus und Modernismus gerade am Schillerplatz seinen Ausgangspunkt hatte, angefangen von Otto Wagner, über Leopold Bauer, Peter Behrens bis zu Clemens Holzmeister und Lois Welzenbacher. „Sucht man bei so verschiedenen Persönlichkeiten nach einem gemeinsamen Nenner, so wird man ihn im Bekenntnis zum Bauen als künstlerisches Ausdrucksmittel finden, einem Ausdrucksmittel, das sich von der Freihandzeichnung als erster Stufe der Gestaltung bis zum fertigen plastischen Gebilde vervollkommnet. Keiner der sechs ist in erster Linie Techniker, keiner ist ‚Anti-Architekt‘, alle freuen sich über die Volumina, die sie in die Welt setzen.„ (Horst Christoph)
Gustav Peichl - Ein Architekt aus Wien
Regie: Wolfgang Lesowsky. Österreich. 1992. 50 min. Farbe.
Auch diese gut gemachte ORF-Produktion geht weit über den Rahmen eines durchschnittlichen Filmporträts über Gustav Peichl (*1928) hinaus, denn sie vermittelt das Wesen, die Inhalte und atmosphärische Stimmungen seiner Architektur. Regisseur Lesowsky beschäftigt sich intensiv mit dem selbstironischen Seiten von Peichl, zum einen dem Lehrer und ehem. Leiter einer Meisterklasse für Architektur, zum anderen dem Karikaturisten „Ironismus„ und schließlich dem kritischen Zeitgenossen gegenüber dem Zeitgeist und seinen unheilvollen „Verirrungen der Gegenwart„. Univ. Prof. Peichl zählt zu den international erfolgreichen Architekten und Agitatoren des Landes. Erste große internationale Anerkennung fand er durch den Bau der fast identischen Studiobauten für den ORF. Weitere Meilensteine seiner steilen Karriere waren die Erdfunkstelle Aflenz, die Kläranlage in Berlin-Tegel, den Zubau des Städelmuseums in Frankfurt am Main, die neue Bonner Kunsthalle und schließlich der „Millennium-Turm„ am Wiener Handelskai. Neben Statements, die den Zugang des Architekten zu seiner Entwurfsarbeit erläutern, äußern sich namhafte Persönlichkeiten wie Hans Hollein, Roland Rainer, Oswald Oberhuber, Arik Brauer, Helmut Lohner, André Heller, ehemalige Schüler, Freunde und Bauherren.
Filmtexte: Helmut Weihsmann © 2003
Dienstag, 14. Oktober 2003 | 19.30 Uhr
Alte und neue Baumeister
Der Architekt Mauritz Balzarek
Regie: Andreas Gruber. Österreich. 1991. 30 min. Farbe. DF.
Hans Hollein
Regie: Michael Blackwood. USA. 1986. 50 min. Farbe. DF.
Mittwoch, 15. Oktober 2003 | 19.30 Uhr
Querdenker
COOP-Himmelb[l]au - Construire Le Ciel
Regie: Marc Ries & Bruno Pisek. Österreich. 1993. 13 min. Farbe. DF.
Pauhof – Architektur ist nicht Kunst
Regie: Dieter Auracher & Manfred Veigl. Österreich. 1996. 14 min. SW. DF.
Zünd Up - Das Röhren des Jahrhunderts
Regie: Ulrike Schmitzer & Matthias Widter. Österreich. 2002. 45 min. Farbe. DF.
Donnerstag, 16. Oktober 2003 | 19.30 Uhr
Die Wiener Schule
Sechs Architekten vom Schillerplatz
Regie: Wolfgang Lesowsky. Österreich. 1977. 50 min. Farbe. DF.
Gustav Peichl - Ein Architekt aus Wien
Regie: Wolfgang Lesowsky. Österreich. 1992. 50 min. Farbe. DF.
