Alles im Fluss?
Großtechnische Infrastrukturen wie Elektrizitätsnetze, Staudämme oder Kanalisationen arbeiten oft im Verborgenen. Diese werden erst dann sichtbar, wenn die als selbstverständlich wahrgenommene Bereitstellung dieser Leistungen ausfällt.
Infrastrukturen transformieren und erschließen Naturräume, um Ressourcen und Güter in urbane Räume zu bringen. Da Infrastrukturen selbst verborgen agieren, ist für den*die Endverbraucher*in nicht erkennbar, welche Naturräume erschlossen werden und welche Abhängigkeiten dadurch entstehen, was aktuell an der Energieversorgungskrise sichtbar wird. Auf der anderen Seite versucht Infrastruktur auch Naturgewalten einzuhegen. Überschwemmungen, Vermurungen und umgeworfene Bäume, die Logistikketten stören zeigen, wie sich natürliche Vorgänge immer wieder der technischen Kontrolle entziehen.
Dabei ist Infrastruktur auch ein historisches Phänomen, das nicht einfach nur etwas bereitstellt. Mit der Versorgung wird nämlich auch die Gesellschaft als Ganzes strukturiert und individuelles Verhalten langfristig verändert. Infrastrukturen begrenzen Möglichkeitsräume oder setzen Handlungspotenziale frei, grenzen ein und aus.
Dirk van Laak forscht im Bereich Infrastrukturgeschichte, die ein relativ junges Forschungsfach ist und sich unter anderem auch mit der Kulturgeschichte von Infrastruktur beschäftigt. Er wurde 2002 mit einer Arbeit über die Geschichte der Infrastruktur in Afrika an der Friedrich–Schiller Universität Jena habilitiert. Seit 2016 lehrt er Deutsche und Europäische Geschichte des 19. bis 21. Jahrhunderts an der Universität Leipzig.
Er war kürzlich im afo – architekturforum oö zu Gast und hat sich vorab mit Sarah Praschak zum Gespräch getroffen.Zum Buch:
Alles im Fluss. Die Lebensadern unserer Gesellschaft – Geschichte und Zukunft der Infrastruktur
Dirk van Laak
S. Fischer Verlag, 368 Seiten, 2018
ISBN: 978-3-10-397352-5