Im Archiv. Wo ist das Stadtbegrün im Winter?
Fotoarbeiten im öffentlichen Raum
Ateliergespräch, InterventionDas Gewebe einer Stadt wird maßgeblich durch temporäre Elemente, Eingriffe und Faktoren mitbestimmt. Sie passen den Stadtraum wechselnden funktionalen Ansprüchen, Jahreszeiten, Events etc. an und verändern kontinuierlich die Erscheinung und das Erleben des städtischen Raums.
Ein wesentliches Element der Veränderung über den Jahresverlauf bildet das Stadtgrün, das innerhalb der Stadt den quasi-natürlichen Wechsel der Jahreszeiten spürbar werden lässt. Deutlich radikaler vollzieht sich die jahreszeitlich bedingte Veränderung bei den im Stadtraum verteilten, meist exotischen, aus anderen Klimazonen stammenden Kübelpflanzen. Sie geben der Stadt in den Sommermonaten ein südländisches Flair, „wandern“ jedoch ab Herbst in ihr Winterquartier, um im ideal temperierten Gewächshaus bis zum Frühjahr zu überleben.
Pio Rahners Fotoprojekt dokumentiert und konterkariert diesen radikalen Wechsel und die damit verbundenen ästhetischen und formalen Qualitäten. In den Sommermonaten als markante Solitäre locker in der Stadt verteilt, werden die Kübelpflanzen in ihrem Winterquartier scheinbar ungeordnet und dicht gedrängt aufgestellt. Ein fast dschungelartiger, undurchdringlicher Eindruck entsteht, der „natürlicher“ und dramatischer wirkt als das vereinzelte Kübeldasein während der Sommermonate. Sind die Pflanzen im Sommer dem Funktions- und Ordnungsgefüge der Stadt unterworfen, bilden sie während des Winters eine eigene, kompakte, völlige anders wirkende Ordnung aus. Diese wird von Pio Rahner aufgenommen.
Seine schwarzweißen fotografischen Arbeiten werden vom 23.01.2018 bis 04.02.2018 als temporäre Interventionen an verschiedenen Orten im winterkalten Linz gezeigt. Sie geben für den begrenzten Präsentationszeitraum der Stadt ihr „Sommergrün“ zurück, zeigen das Dasein der Kübelexoten im sonst nicht zugänglichen Winterquartier und transportieren die dort herrschende, unbekannte Ordnung in das Bild der Stadt zurück. Pio Rahner thematisiert damit Ordnung, Schutz und Willkür im kaum reflektierten Umgang mit natürlichen „Objekten“ im artifiziellen Umfeld des städtischen Raums.
Pio Rahner, geboren 1982, studierte Fotografie an der Folkwang Universität der Künste in Essen bei Gisela Bullacher, Elisabeth Neudörfl, Tobias Zielony und Christopher Muller. 2016 war er Artist in Residence in Christoph Schlingensiefs Operndorf in Burkino Faso. Seit Herbst 2017 sind seine Arbeiten im dortigen Nationalmuseum zu sehen.
Mit freundlicher Unterstützung der Abteilung Stadtgrün und Straßenbetreuung der Stadt Linz.
Das Residency-Programm im afo architekturforum oberösterreich wird unterstützt aus den Mitteln von LinzIMpORT.